Auffälligkeiten bei Kindern

Auffälligkeiten bei Kindern in Schule und Alltag



Sichtlich unkonzentriert sind die Kinder und leicht ablenkbar, sie geben sich provokant oder werden zu kleinen Clowns. Ihr Sozialverhalten ist auffällig, ihre schulischen Leistungen sind es nicht minder – ein Circulus vitiosus der Ausgrenzung, der Stigmatisierung und fortgesetzt erlebten Versagens setzt alsbald ein bzw. wirkt sich längst aus, wenn die Möglichkeit, externe Hilfe anzurufen, erstmals in die Diskussion kommt.

Beobachtungen in der Schule

Die fünf Kästen summieren typische Auffälligkeiten; sie sollen Lehrern eine Hilfe sein, schwierige, einer Therapie bedürftige Kinder zu erkennen. Da die Störungen in unterschiedlichen Bereichen liegen, verzichte ich an dieser Stelle auf jegliche Erklärungen. Will man die jeweiligen Ursachen erfassen, bedarf es immer der ausführlichen Diagnostik.

Manche der aufgelisteten Punkte scheinen einander zu widersprechen. Dies liegt an der Erfahrung, dass verschiedene Schwierigkeiten unterschiedlich kompensiert werden können. Das erklärt unter anderem auch, warum wir es nicht mit einer einheitlichen Lese-Rechtschreibschwäche zu tun haben, sondern mit einer Vielfalt entsprechender Erscheinungsbilder. Wichtig erscheint mir der Hinweis, dass nicht jeder einzelne der aufgeführten Punkte für sich schon Hinweis auf eine Störung ist. Da wir uns auf einem Feld am Rande der Norm bewegen, müssen mehrere der Punkte zutreffen – erst dann dürfen wir von einer Störung ausgehen, für deren Behandlung Ergotherapie indiziert sein könnte.


Allgemeine Auffälligkeiten

Die Kinder
  • haben oft keine Freunde, stehen am Rand
  • Sind im Umgang mit anderen häufig grob, greifen an
  • Haben überzogene Wutanfälle
  • Lassen sich zu allen möglichen Untaten anstiften, scheinen keine eigene Meinung zu haben
  • Fühlen sich nie schuldig, immer ungerecht behandelt, haben nie einen Streit angefangen
  • Nehmen ihr eigenes provokatives Verhalten nicht wahr, reizen solange bis es „knallt“
  • Zeigen clownhaftes Verhalten
  • Entwerten gestellte Aufgaben („das ist Babykram“)
  • Haben ausgeprägte Stimmens- und Leistungsschwankungen
  • Reagieren empfindlich auf Veränderungen (Platz- oder Klassenraumwechsel, Ausflüge etc.)
  • Wirken häufig desorientiert im Raum bzw. bei komplexen Aufgabenstellungen
  • Fallen auf durch große Unordnung am Platz und Chaos im Schulranzen
  • Finden von sich aus keinen Anfang, müssen immer wieder zur Arbeit aufgefordert werden
  • Können nicht stillsitzen, rutschen und „hibbeln“ auf dem Stuhl herum, stehen auf, laufen umher
  • Ermüden schnell, stützen den Kopf auf oder legen ihn auf den Tisch
  • Sind unaufmerksam und unkonzentriert
  • Sind ständig abgelenkt, können Wichtiges nicht von Unwichtigem unterscheiden
  • Können im Stuhlkreis nicht zuhören, sie erzählen Dinge, die mit dem Thema nicht in Zusammenhang stehen (kommen vom Hölzchen auf´s Stöckchen)
  • Sind häufig noch sehr verspielt, wirken jünger
  • Wollen unbedingt drankommen, sobald sie sich melden, reden dazwischen (berichten den Eltern, dass sie vom Lehrer benachteiligt werden)
  • Reagieren auf normale Ansprache nicht, müssen direkt angesprochen werden.

Alles in allem:
Man gewinnt den Eindruck, die betreffenden Kinder können wunderbar wollen, aber nicht sollen.


Auffälligkeiten beim Rechnen

Die Kinder
  • Haben keinen Mengenbegriff entwickelt
  • Zählen noch lange mit den Fingern
  • Haben große Probleme mit den Zehnerüberschreitungen
  • Müssen beim Addieren die erste Zahl schon abzählen
  • Können die Menge der Ziffer nicht zuordnen
  • Orientieren sich möglichst unauffällig an Hilfsmitteln(z.B. Uhr)
  • Schreiben Zahlen seitenverkehrt
  • Haben generell Mühe beim Schreiben der Zahlen
  • Lesen und schreiben Zahlen verdreht (z.B. 175 statt 157)
  • Verstehen nicht, dass 3 x 7 das Gleich ist wie 7 x 3
  • Haben Probleme mit Ergänzungsaufgeben
  • Lernen das 1x1 mühsam auswendig, haben es nicht wirklich begriffen
  • Nehmen Wechsel von Plus zu Minus, von Geteilt zu Malnehmen (+-:x) nicht wahr
  • haben Probleme mit Umstellungsaufgaben
  • stoßen auf Schwierigkeiten bei veränderter Aufgabenstellung gleichen Inhalts
  • machen Fehler beim Untereinanderschreiben (schriftliches Addieren, Multiplizieren), weil sie in der Zeile verrutschen


Deutsch

Die Kinder
  • Lernen Buchstaben nur schwer, vergessen immer wieder, wie diese lauten oder wie sie geschrieben werden
  • Hören Buchstaben im Wort nicht heraus
  • Lernen Worte zum Teil auswendig (nach dem Wortbild), können sie aber nicht erlesen – Hören kann nicht mit dem Sehen verknüpft werden
  • Können nicht Sinn erfassend lesen, übersehen Satzzeichen, reflektieren Fehler nicht
  • Erkennen Buchstaben in einem anderen Wort oder an der Tafel nicht wieder
  • Verdrehen noch lange die Buchstaben an sich, vertauschen im Wort deren Reihenfolge
  • Verwechseln einander ähnlich aussehende Buchstaben (z.B. b/d, p/q)
  • Scheinen die Buchstaben zu malen
  • Müssen das Wort, um es abzuschreiben, ganz oft ansehen (schreiben Buchstabe für Buchstabe)
  • Schreiben eine Schrift, die bei längeren Texten „zerfällt“ (bei Diktaten zu beobachten)
  • Machen gegen Ende eines Diktats deutlich mehr Fehler
  • zeigen häufig leichte Sprachauffälligkeiten
  • Kompensieren ihre Wortfindungsstörungen mit Umschreibungen


Schreiben und Malen

Die Kinder
  • Haben eine ungewöhnliche Stifthaltung
  • Wirken beim Schreiben verkrampft, haben die Füße irgendwo festgeklemmt
  • Verschieben den Oberkörper mit dem Schreiben
  • Drehen das Blatt, statt den Stift mit der Hand um Kurven und Ecken zu führen
  • Drehen das Blatt für längere waagerechte Striche senkrecht
  • Wechseln im Extremfall die Hand, wenn sie beim Malen über die Mitte des Blattes kommen
  • Fallen durch unsaubere Strichführung auf
  • Können Linien nicht einhalten
  • Drücken den Stift zu leicht oder aber viel zu fest auf
  • Schreiben Buchstaben nicht flüssig (es wirkt, als ob sie kiese malen)
  • Bekommen Girlanden und Arkaden nicht richtig rund; sie haben Schwierigkeiten beim Drehrichtungswechsel
  • Produzieren unter Zeitdruck eine Schrift, die mehr und mehr „zerfällt“
  • Setzen oft die zweite Hand nicht koordiniert zum Halten ein, was auch beim Schneiden zum Problem wird
  • Können Formen nicht sicher reproduzieren
  • Erweisen sich als schlecht hinsichtlich der (gemalten) Proportionen
  • Geben die räumliche Anordnung der einzelnen Dinge zueinander nicht richtig wieder
  • Haben Schwierigkeiten beim gegenständlichen Malen
  • Malen undifferenziert
  • Benennen ihre Bilder oft erst im nachhinein (worin sich ihr Unvermögen ausdrückt, die Dinge so darzustellen, wie sie sie im Kopf haben).


Auffälligkeiten beim Sport

Die Kinder
  • Mögen den Sportunterricht oft gar nicht
  • „vergessen“ gerne ihre Sportsachen
  • Brauchen länger zum Umziehen
  • Ziehen ihre Kleidung verkehrt herum an
  • Haben Probleme mit dem Offnen und Schließen von Knöpfen und Reißverschlüssen
  • Können oft ihre Schuhe nicht binden
  • Sind im Raum desorientiert
  • Laufen bei Spielen in die falsche Richtung (schießen dann auf das eigene Tor)
  • Bekommen den Wechsel bei Fangspielen nicht mit
  • Sind bei Befreuungsspielen mit den Rollen und der Komplexität der Situation überfordert, so dass sie nicht alles im Blick behalten können
  • Wirken in ihren Bewegungsabläufen unharmonisch und steif
  • Lehnen sich häufig irgendwo an
  • Haben Probleme mit langsamen Bewegungsübergängen, kompensieren über Schnelligkeit
  • Toben sich aus, ermüden dann schnell
  • Laufen z.T. auf Zehenspitzen
  • Haben Schwierigkeiten beim Rückwärtsgehen
  • Verursachen gehäuft Unfälle, können Gefahren nicht abschätzen
  • Verletzen sich oft (u.U. ohne es zu spüren)
  • Haben Angst, sich in die Höhe zu begeben
  • Können nicht oder nur sehr eingeschränkt balancieren
  • Beherrschen keinen Hampelmannsprung bzw. andere Bewegungsabläufe, die ein höheres Maß an Koordination erfordern
  • Haben Schwierigkeiten bei allen Aufgaben, die ein koordiniertes Zusammenspiel von Armen, Beinen und Augen voraussetzen; kommt ein Medium hinzu, versagen nahezu alle (Probleme beim Fangen und Werfen eines Balles, beim Springen mit dem Hüpfseil, Radfahren, Schwimmen etc.)
  • Haben Probleme mit dem Erfassen und Nachvollziehen räumlicher Aufgaben (Rechts/Links, Oben/Unten, Hinten/Vorne)
  • Erleben es als schwierig, sich räumlich zu den Spielgeräten zu orientieren
  • Haben Probleme bei Spielen ohne Augenkontrolle bzw. verweigern diese ganz